Sonntag, 20. November 2011

Die Jobfalle


Ist es nicht sonderbar? Wir reden alle nur noch von Job, wenn wir über unseren Beruf sprechen. Im Gegensatz zu unseren Eltern, die ihre Angestelltentätigkeit rückblickend mit dem Pathos der Berufung beschreiben. Vergleichen wir jedochdie Zeit, mit der sich unsere Eltern, den Belangen ihrer Firmen als Angestellte widmeten, schneiden wir - die Jobber - deutlich schlechter ab. Sprich als Jobber arbeiten wir heute länger als die einst Berufenen von damals. Qua Definition der beiden Begriffe im etymologischen Sinne würde man genau das Gegenteil vermuten. Woran liegt das?

Schwarzbeere und Co. sind sicherlich die Fesseln des modernen Angestelltendaseins. Aus 40 Stunden pro Woche ist dadurch in der Wissensökonomie von heute - insbesondere auf Dienstleisterseite - stillschweigend eine 40 Stunden Woche mit 24/7 Bereitschaftsdienst geworden. Vergütet werden in der Regel aber nur die 40 Stunden. Die bösen Technologien tragen also die Schuld? Klingt irgendwie blöd, weil genau die gleichen Technologien uns ja auch viele Vorteile bescheren. Es muss also an uns selbst liegen. Warum lassen wir uns wie Jobber bezahlen, handeln aber dabei wie Berufene, die vergessen haben, dass der Feierabend die Trennung von Beruflichem und Privatem markiert und nicht etwa die örtliche Verschiebung der Arbeit vom Büro ins Zuhause meint? Sind wir noch ganz bei Trost? Ich glaube nein. Wir sind mittlerweile so out of balance und worked out, dass die meisten von uns ohne Anstoß von außen unfähig sind, sich aus der Jobfalle zu befreien.

Was nun? Selbstreflexion und Selbsteinordnung sind gefragt. Ich zähle mich unglücklicherweise zu jener Spezis Arbeitnehmer, die nur Vollgas geben können. Die Konsequenz: Ich rangiere aus Arbeitgebersicht unter dem geschätzten Angestelltentypus "willig und billig". Wenn ihr euch auch dazu zählt, dann müsst ihr euch fragen, ob das Wort "Selbstständigkeit" in seiner wörtlichen Sezierung in "ich arbeite selbst und ständig" als Drohkulisse noch Abschreckung erzeugt. Bei mir ist es weder die Zeit noch die Beständigkeit, die mich besorgniserregend in der Anstellung bewahren. Vielmehr ist der Job Zeitfresser und Ausbremser. Er sorgt vor allem dafür, dass ich mich mit meiner eigenen Exit-Strategie in produktiven Randzeiten irgendwo zwischen Toilettengang und Kommaschlaf befasse. Klingt nach Selbstaufgabe? Nein, eher als Aufmunterung sein Zeitinvestment konsequent zu drosseln und als Entschuldigung dafür, dass ich zwei Wochen keinen Beitrag mehr geschrieben habe. Deswegen ab sofort: Mehr Zeit für Auszeit.


"Gut Ding braucht Weile" - Die SWEAT-Analyse von Mark E. Tingag und sein Durchbruch als selbständiger Berater



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen